Wohnstadt Carl Legien
Standort beiderseits der Erich-Weinert-Straße zwischen Gubitz- und Sültstraße, 10409 Berlin
Erbaut 1928 - 30
Bauherr Gemeinnützige Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft (GEHAG)
Nutzer Deutsche Wohnen (ehem. GEHAG)
Bauzeit 1995 - 2005
Als die zentralste der Berliner Siedlungen der Moderne entstand nach Plänen Bruno Tauts 1928-30 die Wohnstadt Carl Legien. Angelegt im dichtbesiedelten und durch Gründerzeitbauten geprägten Bezirk Prenzlauer Berg, stellt die Siedlung ein gelungenes Beispiel Neuen Bauens inmitten der Stadt dar. Sie entstand im Auftrag der GEHAG, deren Leiter des Entwurfsbüros, Franz Hillinger, an der Planung beteiligt war.
Mit dem Bau der Siedlung für rund 4.000 Bewohner entstanden Wohnungen mit einer Größe von 1,5 bis 4,5 Zimmern. Die Wohnungen waren mit Einbauküchen, Badezimmer und WC sowie teilweise auch mit Zentralheizungen ausgestattet und boten den damals modernsten Komfort. Zudem verfügte die Wohnstadt über zwei Wäschereien und ein Zentralheizwerk sowie Ladengeschäfte. Der von Taut definierte Außenwohnraum gestaltete sich in dem gärtnerisch angelegten Hof als Mittelpunkt der Siedlung neu und sprach dem Wohnen zur Straße einen geringeren Wert zu. Konsequent legte Taut alle Haupträume der Wohnungen mit ihren hausbreiten Loggien oder vorgestellten Hauslauben zu den Grünhöfen, während alle Nebenräume wie Bad oder Küche zur Straße ausgerichtet waren. So war ein völlig neuer Typus von Großstadtwohnung entstanden. Auch die Farbe wird zu einem integralen Bestandteil der Architektur, hat sie räumliche Zusammenhänge sinnvoll zu gliedern: Die Fassaden in den engen Straßenräumen sind in einem sonnigen Gelb gehalten, was sie optisch auseinandergezogen erscheinen lässt. Die lichte Farbe fasst die hohen Kopfbauten an der Erich-Weinert-Straße mit ein, so dass über die Straße hinweg der räumliche Bezug der offenen Wohnhöfe betont wird. Zudem bilden die gegenüberliegenden Höfe eigene intensive Farbräume.
Die Instandsetzungen nach 1945 führten zu einem großflächigen Verlust der originalen Edelputze und Mineralfarbanstriche. Auch die Fenster verloren ihren farbigen Aufbau und wurden – besonders die Einfachfenster der Bäder – teilweise ausgetauscht. Ebenso bauten Mieter einige Loggien zu Wintergärten um. Wegen der nicht denkmalgerechten Renovierungen sowie nicht vorhandener Pflegepläne und Mittel zur Instandsetzung während der DDR-Zeit waren umfängliche Sanierungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen in der gesamten Siedlung dringend notwendig. Gefördert durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, beauftragte die GEHAG Anfang der 1990er Jahre die denkmalgerechte Instandsetzung der Fassaden und die Wiederherstellung ihrer Farbigkeit, die auf der Grundlage restauratorischer Voruntersuchungen 1994-95 stattfand. Ein Großteil der Fenster konnte erhalten bleiben, zu stark geschädigte Fenster wurden ausgetauscht. Das kleinere Waschhaus wurde in der Tradition des Neuen Bauens denkmalverträglich umgebaut; heute dient es der jetzigen Eigentümerin Deutsche Wohnen als Informationsbüro.
Mit Abschluss der Sanierungsmaßnahmen 2005 ist das äußere Erscheinungsbild nach Tauts Farbkonzeption wieder vollständig erkennbar. Die Wohnstadt Carl Legien, die aufgrund ihrer Qualität von ihren Bewohnern nach wie vor geschätzt wird, ist seit 2008 als eine von sechs Berliner Siedlungen der 1920er Jahre auf der UNESCO-Welterbeliste eingetragen.