Großsiedlung Siemensstadt
Standort Geißlerpfad 1-29; Goebelstraße 21-113 (ungerade), 120, 122; Heckerdamm 283-289 (ungerade); Jungfernheideweg 4-14 (gerade), 21-45 (ungerade), 13627 Berlin
Erbaut 1929 - 31
Bauherr Gemeinnützige Baugesellschaft Berlin-Heerstraße mbH
Nutzer Deutsche Wohnen
Bauzeit 2010 - 14
Als Erweiterung der industriellen Siemensstadt entstand unter der Leitung von Stadtbaurat Martin Wagner von 1929 bis 1931 die teils in Spandau, teils in Charlottenburg liegende Großsiedlung Siemensstadt, die soziales und kostengünstiges Wohnen bieten sollte. Der Bau der Siedlung erfolgte nach den Plänen der Architekten Hans Scharoun, Walter Gropius, Hugo Häring, Otto Bartning, Paul Rudolf Henning und Fred Fórbat, nachdem Scharoun den städtebaulichen Entwurf auf Grundlage der offenen Bauweise erarbeitet hatte. Anstelle einer Blockrandbebauung sah Scharoun dabei eine auf die natürlichen Gegebenheiten des Areals eingehende Raumgliederung vor, die Öffnungen und Verengungen gleichermaßen beinhaltet und auf den Lebensraum der Menschen eingeht.
Bereits in den 1980er Jahren erstellten wir ein mehrbändiges Gutachten als Grundlage zur Wiederherstellung der bauzeitlichen Architektursprache für die Siedlung Siemensstadt. Einerseits hatten ausgebliebene Instandhaltungsmaßnahmen über die Jahre zu erheblichen Schäden in der Bausubstanz geführt, andererseits waren Veränderungen durch Instandsetzungen entstanden, die nicht denkmalgerecht ausgeführt worden waren. Anhand eines später durch uns erstellten Denkmalpflegeplans von 2008, der grundlegende Regelungen im zukünftigen Umgang mit dem Baudenkmal festschreibt, sollten der dauerhafte Erhalt der Siedlung sichergestellt sowie Anpassungen an zeitgemäße Wohnstandards – soweit denkmalverträglich – gewährleistet werden. Seit 2008 ist die Siedlung als eine von sechs Berliner Siedlungen der Moderne auf der UNESCO-Welterbeliste verzeichnet, dank des Engagements bei der Bearbeitung des Antrags und der Mitbegleitung des Prozesses durch unser Büro.
Zwischen 2008 und 2014 wurden wir sukzessive mit der Ertüchtigung der Gebäude von Scharoun, Gropius, Bartning, Henning, und Fórbat beauftragt. Die Instandsetzungsmaßnahmen beinhalteten die Überarbeitung der Fassaden (Gropius) sowie der Haus- und Hofeingänge (Gropius, Scharoun), die Erneuerung der Fenster (Gropius, Bartning) und Loggien (Fórbat), die Wiederherstellung der Treppenhäuser (Gropius, Scharoun) wie auch die Sanierung der Dächer (Gropius, Fórbat), der Eingangsvordächer (Henning) und der Dachterrassen (Gropius).
Unter Berücksichtigung der bauzeitlichen Architektursprache wurden die beeinträchtigten Bauelemente wiederhergestellt, darüber hinaus beugen bauliche Maßnahmen einer erneuten Schädigung vor. Im Rahmen der denkmalpflegerischen Grenzen gelang es zudem, durch eine bauphysikalische Verbesserung der Bestandsbauteile energetische Einsparpotentiale zu erreichen. Dies betraf vor allem die Bauteile von Bartning und Gropius, deren am stärksten belastete Bauelemente die Fenster und Türen der Wintergärten und Balkone waren. Nicht erhaltenswerte Fenster und Türen wurden durch neue Elemente nach bauzeitlichem Vorbild ersetzt, die nicht nur das ursprüngliche Erscheinungsbild wieder abbilden, sondern auch die heutigen Ansprüche an Wärme- und Schallisolierung sowie Witterungsbeständigkeit erfüllen. Um ihre gestalterischen Qualität zu überprüfen und die erforderlichen Bauabläufe zu erproben, wurden die nachgebauten Elemente vorab als Muster in einer Wohnung eingebaut.
Mit der denkmalgerechten und energetischen Instandsetzung der Großsiedlung Siemensstadt konnten die signifikanten Erscheinungsbilder der einzelnen Bebauungen für die Zukunft gewahrt werden, während die Qualität der Wohnungen an die heutigen Ansprüche anschließt und somit auch der langfristige Erhalt der Welterbestätte sichergestellt wurde.