Lokhalle im Natur Park Südgelände

 

Architekt unbekannt, Baufirma: C.H. Jucho
Standort Prellerweg 47, 12157 Berlin
Erbaut 1926-1931
Bauherr Grün Berlin GmbH

ARGE Lokhalle
Objektplanung; Brenne Architekten GmbH
Ausschreibung, Vergabe & Bauüberwachung; Büro Balzereit
Tragwerksplanung; ifb frohloff staffa kühl ecker Beratende Ingenieure PartG mbB
Landschaftsplanung; bbz landschaftsarchitekten GmbH
Brandschutz; KLW Ingenieure GmbH
Geotechnik; Horner und Ingenieure
Bauphysik & Akustik; Müller-BBM Building Solutions GmbH

Aufgegebene Bahnanlagen, wilde Vegetation und die moderne Interpretation eines Giardino Segreto der Künstlergruppe ODIOUS (ab 2000): das ist der Natur Park Südgelände in Berlin, in welchem die denkmalgeschützte Lokhalle eine Instandsetzung und einen Anbau mit Atelierräumen für eine verbesserte Standsicherheit und zukünftige, nachhaltige Nutzung erfährt.

Der 1889 angelegte Rangierbahnhof in Tempelhof-Schöneberg wurde zwischen 1926 und 1931 um drei Lokhallen, verbunden durch zwei Verschiebehallen, erweitert. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie so stark beschädigt, dass nur zwei Hallen, eine Lok- mit angrenzender Verschiebehalle, erhalten werden konnten. Nach dem Krieg nutzte die Deutsche Reichsbahn der DDR diese offiziell für die Reparatur von Güterzügen. Tatsächlich wurde der Betrieb 1952 eingestellt, die Gleise stillgelegt und die Anlagen aufgegeben. In den folgenden Jahrzehnten eroberte sich sukzessive die Natur die stillgelegte Anlage zurück, eine beachtliche Artenvielfalt konnte entstehen und die Anerkennung wuchs für ein zu bewahrendes Stück „Berliner Stadtnatur“. Statt einem geplanten Großprojekt wurde die Lokhalle als Teil der denkmalgeschützten Gesamtanlage im Jahr 2000 als Veranstaltungsort eröffnet. Seit 2016 ist die Halle aus sicherheitstechnischen Gründen für die Öffentlichkeit gesperrt.

Die Zielstellung ist es nun das ca. 4.500 m² große Industriedenkmal denkmalgerecht und langfristig zu erhalten sowie parkverträglich zu einem kulturellen Veranstaltungs-, Gastronomie- und Atelierstandort umzunutzen. Das Konzept dafür sah zunächst vor, das denkmalgeschützte Gebäude und seine Umgebung im Landschaftsschutzgebiet zu verstehen und mit ihm Lösungen zu entwickeln, sodass die erforderliche Instandsetzung die neuen Nutzungen behutsam integriert, ohne dass der Ort an Authentizität einbüßt. Herausfordernd sind dabei die denkmalgerechte Ertüchtigung des Stahltragwerks zur Gewährleistung der Standsicherheit und intensiven Nutzung der ungedämmten und unbeheizten Halle sowie der Umgang mit diversen Schadstoffen. Auch beim Brandschutz im Sinne der Versammlungsstättenverordnung waren zahlreiche Abweichungen und Kompensationsmaßnahmen nötig.

Ursprünglich bestand der Rangierbahnhof auf dem Schöneberger Südgelände aus fünf nebeneinander-stehenden Hallen. Nach dem Abriss der drei angrenzenden, Kriegsgeschädigten Hallen können die Windlasten nicht mehr sicher abgefangen werden. Um die Standsicherheit wiederherzustellen und die Lasten des neuen Gründaches abzufangen, wird das Stahltragwerk in Dach und Wänden verstärkt. Im Keller und in der Verschiebehalle wird das Fundament unterfangen, um den bereits aufgetretenen Rissen und Setzungen entgegenzuwirken. Um die Windlasten abzufangen wird ein Erweiterungsbau in Holzbauweise vor der Südfassade errichtet. Der Neubau soll KünstlerInnen zukünftig Atelierräume bieten und als Hochparterre auf Pfählen sitzen, deren Fundamentsäulen mittels Düsenstrahlverfahren (DSV) zwischen die bauzeitlichen Gleisgruben eingebracht werden. Zur Beheizung des Atelier- und Veranstaltungsortes kommt eine klimafreundliche Luft-Wärmepumpe zum Einsatz.

Da die Lokhalle als Kalthalle selbst unbeheizt bleibt, wird alle Nutzung, die Heizung benötigt, in der ehemaligen Betriebswerkstatt konzentriert, einem eigenen Baukörper an der Westseite des Hallenkubus. In den hohen, doppelgeschossigen Räumen werden ein Café, ein kleiner Veranstaltungsraum, die Künstlergarderoben, Proberäume, Sanitärräume, Küche und Technikräume untergebracht. Dafür werden die Räume vergrößert und durch eingezogene Zwischengeschosse geteilt. Im Keller wird der Boden abgesenkt und die Fundamente ebenfalls unterfangen, um die erforderliche Raumhöhe für die neuen Nutzungen zu gewinnen. Der Zugang zum Gebäude wird barrierefrei gestaltet.

Das Dach der Lokhalle wird auf einer Fläche von über 4.600 m² begrünt, sodass Regenwasser vom Gründach aufgenommen wird und nach und nach über zwei Rigolen auf dem Gelände versickert. Das Gründach greift den Charakter des Ortes auf, indem es Lebensraum für Tiere und Pflanzen bietet und das Mikroklima verbessert, kann die Natur sich die Umgebung auf dem Dach zurückerobern. Im Sinne einer nachhaltigen und klimaangepassten Stadtentwicklung konnte das Gründach daher trotz Denkmalschutz und der erhöhten Traglast als Ausnahme genehmigt werden. Die denkmalgerechte Sanierung der Fassade wird zusammen mit dem Gründach eine sichtbare Veränderung der Lokhalle bewirken. Aktuell erscheint das über die Jahre korrodierte Stahltragwerk dunkelgrau, es soll jedoch sein ursprüngliches Erscheinungsbild zurückerlangen und wird deshalb nach restauratorischen Farbbefundungen hellgrau beschichtet. Auch die ebenfalls dunklen Stahlfenster sollen nach bauzeitlichem Vorbild – kobaltblau – gefasst werden.

Über die aktuellen Entwicklungen auf der Baustelle informiert ein Live-Ticker des Bauherrn Grün Berlin unter https://gruen-berlin.de/projekte/oeffentliche-bauten/lokhalle/projekt-ticker.