Stadtschloss Weimar / ongoing project
Als erster von zwei Bauabschnitten wird derzeit der Ostflügel des Stadtschlosses Weimar, UNESCO-Weltkulturerbe, denkmalgerecht saniert. Die Schlossanlage insgesamt soll nicht nur instandgesetzt, sondern als zukünftige Mitte der Klassik Stiftung Weimar und als Anziehungspunkt für Besucher hergerichtet werden.
Das Erdgeschoss als Erschließungszone, der Servicebereich im Untergeschoss sowie das 1.Obergeschoss mit den musealen Räumen der Belegtage werden für die Schlossbesucher neugestaltet. Im 2. Obergeschoss entstehen einerseits Flächen für die Verwaltung der Stiftung und andererseits Flächen für Wechselausstellungen, die im zweiten Bauabschnitt in den Nordflügel hinein erweitert werden. Da die Erschließung grundsätzlich neu strukturiert wird, wird der bisherige BesucherInnen-Haupteingang vom Nord- in den Ostflügel verlegt.
Das Stadtschloss Weimar ist die ehemalige Residenz der Herzöge von Sachsen-Weimar-Eisenach. Die ursprünglich mittelalterliche Wasserburg aus dem 16. Jahrhundert an der Ilm wurde mehrmals umgebaut und brannte zuletzt 1774 bis auf die Umfassungsmauern ab. Aus der Zeit des Wiederaufbaus ab 1789 unter Mitwirkung von Johann Wolfgang Goethe stammt die klassizistische Innenausstattung mitsamt Gentzschem Treppenhaus und Festsaal im Ostflügel. Insgesamt unterlag die Anlage konstanter Veränderung, indem sie baulich den wechselnden Anforderungen mehrfach angepasst und umgebaut wurde.
Seit 1923 ist das Schloss für BesucherInnen geöffnet und als Museum erlebbar. Während des 2. Weltkriegs wurde im Untergeschoss in drei Bauabschnitten ein Bunker eingebaut. Zu DDR-Zeiten war das Schloss auch Sitz und Archiv der Kultur- und Forschungsinstitution „Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar“, die als Vorgänger der Klassik Stiftung Weimar bis 1991 bestand. Heute ist das Schloss nach wie vor Museum, Sitz der Klassik Stiftung Weimar und soll in Zukunft einem breiten Publikum öffentlich und barrierefrei zugänglich sein. Eine Instandsetzung und die Integration von aktueller Brandschutz-, Sicherheits- und Medientechnik wurden dafür erforderlich.
2017 konnte die Arbeitsgemeinschaft der beiden Architekturbüros BRENNE ARCHITEKTEN aus Berlin und Tectum Hille Architekten aus Weimar das VgV-Verfahren zur denkmalgerechten Instandsetzung des Ost-Flügels einschließlich der historischen Kapelle des Stadtschlosses Weimar für sich entscheiden.
Ausgangspunkt des Entwurfs war die kleinteilige, verwinkelte Raumstruktur im Ostflügel. Aus der Notwendigkeit, Orientierung und Zugang zu schaffen und darüber hinaus Räume und Geschichte des Gebäudes umfänglich zu erschließen, wurde eine neue vertikale und horizontale Erschließungsstruktur entwickelt. Dabei war die vorhandene Bausubstanz die maßgebende Ressource, an die sich das Nutzungskonzept anpassen musste. Die denkmalpflegerische Zielstellung wurde im Planungsprozess entwickelt.
Schäden an der Bausubstanz machten eine differenzierte Herangehensweise erforderlich, die wiederholt hinterfragte: Was ist dem Gebäude zumutbar? Zum Beispiel würde eine Klimatisierung das Gebäude zerstören. Was ist notwendig? Zum Beispiel der Einbau von Aufzügen für den barrierefreien Zugang zu allen Ebenen. Was ist darstellbar? Welche Zeitschichten sollen wo und in welcher Form sichtbar sein? Welche Zeitschicht wird rekonstruiert, repariert oder restauriert?
Ziel war es, die horizontale und vertikale Erschließung mit einer eindeutigen, behutsamen und gleichzeitig neuen Architektursprache zu entwickeln, ohne die sichtbaren Brüche auszusparen und den Verweis auf die historische Komplexität zu versäumen.
Mit der Verlegung des bisherigen Haupteingangs vom Nord- in den Ostflügel entsteht im Erdgeschoss hinter dem verglasten Vorbau, dem „Altan“, der neue Eingangsbereich mit Eingangshalle und Passage direkt neben dem Gentzschem Treppenhaus. Passage und westlich angrenzender Veranstaltungssaal entstehen als neue Räume durch das Herausnehmen der mit der Zeit hinzugekommenen Wände und Zwischendecken. Durch den jetzt plötzlich unverstellten Raum und durch die gestalterisch eingesetzte Materialsichtigkeit entfalten die historischen Oberflächen lesbare Wirkung.
Der weite Raumeindruck der neuen Passage ist ein Kontrapunkt zum östlich angrenzenden „Grünen Haus“, einem der ältesten Teile des Schlosses und erstmals für Besucher zugänglichen Bereich, in dem der Schlossalltag um 1800 und die Baugeschichte gezeigt werden sollen.
Im Untergeschoss bleibt der dreiteilige Bunker im mittelalterlichen Tonnengewölbe als eines der wenigen NS-Zeugnisses Weimars sichtbar. Um Platz für Toiletten und Garderobe zu schaffen, wurde er sehr aufwändig rückgebaut. Schnittkante und Decke des Bunkers bleiben sichtbar, sodass die beklemmende Raumatmosphäre spürbar bleibt. Auch dieser Bereich des Schlosses wird erstmals zugänglich sein. Mit der neuen Treppenanlage in der Eingangshalle und der kürzlich fertiggestellten Nord-Treppe können Passage und Untergeschoss im Rundgang erschlossen werden und ermöglichen eine neue eindeutige Orientierung für die BesucherInnen. Mit zwei neuen Aufzügen, die denkmalverträglich und behutsam in die vorhandene Substanz eingefügt wurden, sind sämtliche Bereiche des Ost- und Nordflügels einschließlich der beiden Zwischengeschosse des „Grünen Hauses“ barrierefrei erreichbar.